ZAMUS - Zentrum für Alte Musik

Love & Devotion

02

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Feb

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2025

18:00

Uhr

Epiphaniaskirche Köln-Bickendorf
Tickets & Infos

Ausführende:

Rheinische Kantorei
Continuo-Ensemble
Edzard Burchards, Leitung

Programm:

Johann Schelle (1648-1701)
Jesus Christus ist des Gesetzes Ende a8

JohannRosenmüller (1619-1684)
Mein Gott, betrübt ist meine Seele a6 - Motetta in Canone

Johann Schelle
Komm Jesu Komm a5 - (Aria)

Werner Fabricius (1633-1679)
Vater in Deine Hände a4

Sethus Calvisius (1556-1615)
Unser Leben währet siebzig Jahr a8

Johann Hermann Schein (1568-1630)
Wo ist Dein Freund hingegangen a6
Mein Freund komme in seinen Garten a6

Sebastian Knüpfer  (1633-1676)
Erforsche mich Gott a8

Tobias Michael (1592-1657)
In Angst und Not a5 - (Aria)
Selig sind die Toten a8

Johann Kuhnau (1660-1722)
Ach Gott, wie lässt du mich erstarren a5 - (Aria)

G. P. Telemann/Johann Sebastian Bach
Jauchzet dem Herrn alle Welt a8 - TWV 8:10 ; BWV Anh.160

Leipzig gilt seit dem 17.Jahrhundert als einzigartige Musikmetropole Europas. Die Bürger- und Universitätsstadt erscheint schon seit dem Frühbarock vergnüglicher als anderswo. Es gab ein Opernhaus, verschiedene Collegia musica, aber auch auf dem Marktplatz, den Gassen und den Tanzböden wurde gesungen und getanzt.

Das Leipziger Thomaskantorat war im 17. und 18. Jahrhundert eines der angesehensten und bedeutendsten musikalischen Ämter in Deutschland. Von Sethus Calvisus über Johann Hermann Schein, Tobias Michael, Sebastian Knüpfer, Johann Schelle, Johann Kuhnau währte eine musikalische „belle epoche“, die mit dem Amtsantritt von Johann Sebastian Bach anno 1723 ihre Krönung finden sollte. Außerdem befanden sich weitere brillante Musiker unter der Leipziger Bürgerschaft, wie etwa Nikolai-Organist Johann Rosenmüller oder der Musikdirektor der Universität Werner Fabricius. Die Musik für die Gottesdienste an den beiden Hauptkirchen St. Thomas und St. Nikolai wurde im modernen konzertanten Stil komponiert, der seit dem Beginn des 17.Jahrhunderts aus Italien übernommen worden war. Die Werke waren üppig besetzt und von repräsentativem Charakter.

Die Motette galt zu dieser Zeit als schon veraltet. Aber für die reichlich anfallenden Kasualien (Hochzeiten, Begräbnisse etc.) wurde dieses Genre jedoch immer wieder gerne bemüht. Der unübertroffene Dresdner Hofkapellmeister Heinrich Schütz (1585-1672) fordert in seinem legendären Vorwort der berühmten Sammlung „Geistliche Chor-Music 1648“, die er seinerzeit dem Thomanerchor unter derLeitung seines Schülers Tobias Michael widmete, “… von jedem angehenden Deutschen Componisten [...] / das / ehe Sie zu dem concertierenden Stylo schreitten / Sie vorher diese harte Nuß (als worinnen der rechte Kern / und das rechte Fundament eines guten Contrapuncts zusuchen ist) auffbeißen / und darinnen ihre erste Probe ablegen möchten….“

Die jüngeren Kollegen nahmen sich die Worte des Altmeisters zu Herzen und zeigen in diesem Programm, das sie die „nothwendigen Requisita“ des Komponierens erlernt, und den 'nahrhaften Kern' der Musik verinnerlicht hatten, um Mitte des Jahrhunderts noch immer lebendige polyphone Musik im reinen Kontrapunktstil zu schreiben, ohne die sakrosankten Satzregeln des 16. Jahrhunderts zu verletzen.

Natürlich darf der große Thomaskantor Johann Sebastian Bach hier nicht fehlen. Seine weitläufig bekannten Motetten bilden die retrospektive Krönung der vergehenden Form. Das kaum bekannte „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ BWV Anh.160 ist eine doppelchörige dreisätzige Pasticcio-Motette und eine Bearbeitung von Bach: der erste Satz beruht auf einer heute nicht mehr nachweisbaren Komposition Telemanns, der zweite auf dem Choralchor "Nun lob, mein Seel, den Herren" (BWV 28),der dritte Satz wurde wahrscheinlich erst nach Bachs Tod angefügt und war ursprünglich Teil einer Weihnachtskantate von Telemann.

Die Motetten und Strophenarien dieses Programms faszinieren durch eine mitreißende melodische und harmonische Gestaltung. Trotz der gestrengen, meist die letzten Dinge behandelnden Inhalte zeigt sich eine lebensbejahende Musik, deren Wort-Ton-Bezug mittels kreativer Anwendung musikalischer Figuren zu großer Plastizität gelangt.

Alexander Schneider